Neuorganisation der Pfandleihanstalt
1955 beschäftige sich der Vorstand der Gemeinnützigen Gesellschaft der Stadt Luzern (GGL) eingehend mit der Pfandleihanstalt, dem ‹Sorgenkind› der GGL. Es ging um die Frage der Weiterführung. Er beschloss, nach eingehender Beratung, die Pfandleihanstalt als Institution der GGL zwar weiterzuführen, sie aber einer ‹Kur› zu unterziehen. Unter Federführung von Franz Wangler wurden organisatorische und personelle Massnahmen getroffen, um mittelfristig einen selbsttragenden Betrieb der Anstalt zu gewährleisten. Das Arbeitsverhältnis mit Verwalter Heim wurde im gegenseitigen Einverständnis auf Ende Jahr aufgelöst. Bereits ab November leitete Marie Pauli-Winterberger die Pfandleihanstalt selbständig. Als Mitarbeiter konnte der pensonierte Postobergehilfe Josef Siedler gewonnen werden. Zur Aufrechterhaltung des Betriebs wurde der Anstalt eine – nach Einsicht in den vorläufigen Geschäftsabschluss festzulegende – jährliche Subvention bewilligt. Zudem sollte für den Betrieb der Pfandleihanstalt ein Reglement erstellt werden. Für die Mitarbeitenden wurden unabhängig von den Geschäftsergebnissen fixe Löhne festgesetzt, Gratifikationen und Sitzungsgelder nicht mehr ausgerichtet. Der Verwalter erhielt für sein 50-Prozent-Pensum rund 5’500 Franken im Jahr und die Angestellten, die wöchentlich 6–7 Stunden arbeiteten, monatlich 280 Franken. Zudem wurden die beiden Revisoren verpflichtet, jährlich zwei Hauptrevisionen und fünf bis sechs Zwischenrevisionen durchzuführen.[1]
Die Wende
Die getroffenen Massnahmen, die engagierte Führung und Aufsicht durch Franz Wangler und Hans Moser machten sich schnell bezahlt. Schon im Folgejahr konnte ein Betriebsüberschuss ausgewiesen werden. Im Jahresbericht 1958 ist keine Rede mehr von einem ‹Sorgenkind›: «Die Pfandleihanstalt der Gemeinnützigen Gesellschaft der Stadt Luzern erstrebt keinen Gewinn, soll sich aber nach der Auffassung des Vorstands … selber erhalten. Die Anstalt verfolgt den gemeinnützigen Zweck der Darlehensgewährung an minderbemittelte Kreditsucher. Wenn dieser Zweck im Auge behalten wird, so darf das Rechnungsergebnis des Berichtsjahres 1958 als in jeder Hinsicht erfreulich und gesund bewertet werden.» Das sollte auch in den Folgejahren so bleiben. Erst 1970 musste dann, erstmals nach der Neuorganisation, ein kleiner Betriebsverlust vermeldet werden.[2]
‹Einfrau-Betrieb›
Am 1. September 1939 musste der damalige Verwalter der Pfandleihanstalt Emil Heim in den Aktivdienst einrücken. Die Anstalt hätte geschlossen werden müssen, wäre nicht Marie Pauli-Winterberger eingesprungen. Auch nach der Wiederaufnahme der Verwaltertätigkeit durch Emil Heim blieb Marie Pauli als Mitarbeiterin im Dienste der Pfandleihanstalt. Ab November 1955 leitete sie die Anstalt selbständig, nach dem Rücktritt von Josef Siedler dann als ‹Einfrau-Betrieb›. Marie Pauli arbeitete während 45 Jahren in der Pfandleihanstalt der GGL. Ihre Nachfolgerin wurde Anneliese Christen-Pietsch.[3]