Die ersten 150 Jahre
Die ersten Jahrzehnte der Gemeinnützigen Gesellschaft der Stadt Luzern (GGL), wie ihr Name seit 1854 offiziell lautet, widerspiegelten die politisch bewegte Zeit bis nach der Gründung des Bundesstaates. Immer wieder haben sich engagierte Männer finden lassen, die auch in schwierigen Zeiten die Ziele der GGL unentwegt und unbeirrt verfolgt haben. Im Laufe der Zeit hat sich der Wirkungsbereich der GGL stark verändert. Die grossen Themen spielten innerhalb der Gesellschaft immer weniger die zentrale Rolle, weil der Staat im Laufe der Zeit diese Aufgaben übernommen hatte. Im Vordergrund stand daher immer häufiger die Einzelhilfe, vom Stipendium über die Bezahlung von alten Schulden, Zahnarzt- oder Telefonrechnungen, Brillengestellen bis hin zur Unterstützung nach einem Einbruch.[1]
Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war die GGL vor allem eine Unterstützungsgesellschaft, die privates Geld verwaltete, mehrte und zu wohltätigen Zwecken einsetzte. Das ist sie auch heute noch. Wie in der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) gehörten die meisten Akteure der GGL zur politisch und sozial tätigen Elite. Sie waren indessen nicht gewillt, politisch kontroverse Themen innerhalb der Gesellschaft zu diskutieren und dort Lösungen über aktuelle gesellschaftliche Probleme zu suchen. Stadtpräsidenten, Regierungsräte und Nationalräte, Bankdirektoren, Advokaten und Rektoren trennten Amt und Beruf vom Ehrenamt. Sie orientierten sich an praktischen Resultaten und verstanden sich in erster Linie als Gleichgesinnte, mehr noch als Freunde, die sich der Gemeinnützigkeit verpflichtet fühlten.[2]
Es wäre aber falsch zu glauben, dass sich die GGL-Mitglieder den grossen politischen Problemen ihrer Zeit nicht gestellt hätten. Im Gegenteil: Die Präsidenten Max S. Wey und Werner Kurzmeyer sind dafür beredte Beispiele. Der eine hat engagiert für die Einführung der AHV, der andere erfolgreich für das Frauenstimmrecht auf nationaler Ebene gekämpft. Der Vollständigkeit und Ehrlichkeit halber sei aber angemerkt, dass die GGL bis gegen die Jahrtausendwende eine Männergesellschaft geblieben ist und Frauen in den Führungsgremien erst heute vertreten sind.[3]
Gut gerüstet für die Zukunft
Zu Beginn der 1960er Jahre war die GGL personell und organisatorisch gut aufgestellt, obwohl dem ständigen Mitgliederschwund mit gezielten Werbeaktionen begegnet werden musste. Die Gremien arbeiteten speditiv und administrative Probleme wurden professionell bearbeitet. Der Vorstand setzte sich 1962 personell wie folgt zusammen: Werner Kurzmeyer, Präsident seit 1954; Hans Moser, Vizepräsident und Verwalter; Franz Wangler, Aktuar; Eduard ‹Edy› Camenzind, Fürsorger; Stadtpräsident Paul Kopp; Franz Wismer; Hans L.F. Meyer und Max Kesselring-Steiger. Es waren in der Tat selbstbewusste Männer, die an der Spitze der GGL standen: Präsidenten, die im Luzerner Grossen und Kleinen Rat zu entscheiden wussten, Verwalter, die mit den Problemen der Menschen wirklich vertraut waren, kompetente und speditive Mitarbeiter, die den Präsidenten administrativ und organisatorisch unterstützten und dafür sorgten, dass das ‹Netzwerk GGL› schnell und unbürokratisch arbeiten konnte. Auch wenn bei der Lektüre der alten Protokolle manchmal der Eindruck von ‹Gemeinnützigkeit nach Gutsherrenart› nicht vermeiden lässt, verstand die GGL ihre Hilfe keineswegs als Gnadenakt der ‹hohen Herren aus Luzern›. Grundlage für die Entscheidungen war eine zutiefst soziale Haltung, mehr noch eine persönliche Verpflichtung zu helfen, ein Verantwortungsgefühl für die Gemeinschaft, das aber unausgesprochen voraussetzte, dass sich die Hilfsbedürftigen auch helfen lassen wollten … [4]