Integrationsprobleme
«Die politische Kursänderung im Kanton Luzern, die mit der Verfassungsrevision von 1841 begann und zu deren Folgen die Jesuitenberufung, die Freischarenzüge und der Sonderbundskrieg gehörten, verhinderte auf Jahre hinaus eine erfolgreiche Tätigkeit der Luzernerischen Abteilung (LA) der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG). Hatten noch von 1835 bis 1838 an jeder Tagung der SGG luzernische Mitglieder teilgenommen, so erschien von 1839 bis 1852 kein Luzerner mehr an schweizerischen Tagungen. Mehrere, einstmals sehr aktive Mitglieder wurden durch die politischen Ereignisse gezwungen, sich zurückzuziehen oder ihren Wohnsitz außerhalb des Kantons zu verlegen … Die staatliche Neuordnung nach dem Sonderbundskrieg legte die Vereinstätigkeit weiterhin lahm; auch die innerhalb der siegreichen Gruppe vorhandenen Spannungen wirkten sich hemmend aus. Der früher so enge Zusammenhang unter den Mitgliedern hatte sich derart gelockert, daß der 1854 an der Tagung der SGG in Liestal einzig anwesende Luzerner sich äußern konnte: die Mitglieder der SGG im Kanton Luzern seien meistens ältere und dazu noch weit auseinander wohnende Leute, ohne eine Sektion zu bilden, ohne irgend welchen festen Zusammenhang.»[1] Zu den Geschehnissen während des Sonderbundskriegs:
Ab Februar 1848 machte sich eine Revisionskommission der Tagsatzung an das Programm einer Bundesrevision. Eine Mehrheit der Kantone (darunter Luzern) nahm während der Monate Juli und August in Volksabstimmungen die neue Bundesverfassung an. Dies war die Geburtsstunde der Schweiz, wie wir sie heute kennen.[2]
Zu Beginn des Jahres 1848 verlangten Österreich, Frankreich, Preussen und Russland von der Schweiz, die Auflösung des Sonderbunds und die Ausweisung der Jesuiten rückgängig zu machen. Die liberal-radikale Tagsatzungsmehrheit wies diese Forderung als Eingriff in die Souveränität der Schweiz scharf zurück. Der Sturz der Monarchie in Frankreich, die Aufstände in weiten Teilen Deutschlands und Österreichs, der Krieg zwischen Österreich und Sardinien-Piemont um die Vorherrschaft in Norditalien sowie die eine Intervention ablehnende Haltung Grossbritanniens verhinderten ein Eingreifen der kontinentalen Mächte endgültig.[3]
Der kurze Sonderbundskrieg kostete weniger Opfer als der 2. Freischarenzug von 1845. Die neuesten Untersuchungen gehen bei einer Kriegsdauer von 25 Tagen von insgesamt 93 gefallenen und 510 verwundeten Soldaten aus. Nach dem Krieg überwälzte die Tagsatzung die angefallenen Kriegskosten auf die ehemaligen Sonderbundskantone sowie die neutral gebliebenen Kantone Neuenburg und Appenzell Innerrhoden. Sie errechnete Gesamtkosten von 6,18 Millionen Franken. In Luzern war die finanzielle Belastung dieser drückenden Reparationszahlungen eine treibende Kraft bei der Aufhebung und ‹Versilberung› der Klöster St. Urban und Rathausen. Trotz der Niederlage des Sonderbunds flossen einige seiner Forderungen in die neuen Bundesverfassung von 1848 ein, wie der Wunsch nach Souveränität der Kantone, der auch von gemässigten Liberalen geteilt wurde. Der geistige Vater dieser Staatsidee war der Luzerner Gelehrte Ignaz Paul Vital Troxler aus Beromünster. Bereits 1833 publizierte Troxler einen Verfassungsentwurf und empfahl das Zweikammersystem nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten von Nordamerika. 1848 veröffentlichte er erneut eine Schrift zu diesem Thema. An den Beratungen und bei den Beschlüssen zur neuen Bundesverfassung von 1848 hatten seine Schriften einen grossen und entscheidenden Einfluss auf den Aufbau des neuen Bundesstaates.[4]